Sonntag, 16. März 2008

Wo sind sie geblieben?

Schon gehört? Es herrsche Informatikermangel und der Ruf der Branche sei schlecht:
Um diese Missstände zu beheben wurde 2008 zum Jahr der Informatik ernannt! Schon bemerkt?

Nebst einigen kurzen Auftritten von Politikern und Leuten aus der Branche tauchen immer wieder Artikel auf, welche auf diese Tatsachen aufmerksam machen. Der Ruf der IT-Branche habe stark gelitten, die Machenschaften einiger IT-Firmen der letzten Jahre vertreibe die jungen Nachwuchsleute, viele Arbeiten würden nach Indien ausgelagert oder durch qualifizierte und motivierte Leute vor allem aus Deutschland übernommen.
Vermutlich stimmt dies alles ein bisschen. Scheinbar haben die Hype-Jahre und der anschliessende Zusammenbruch mit Entlassungen, Auslagerungen und anderen hässlichen Massnahmen ihre Spuren hinterlassen. Inzwischen ist die Lage bereits ziemlich besorgniserregend. Es fehlen Fachleute an allen Ecken und Enden.

Richtig dramatisch wird es aber erst, wenn die Zahlen der Neueinsteiger in die IT betrachtet wird.
Ein richtiger Zusammenbruch der Studienanfängerzahlen ist zu verzeichnen. Verglichen mit 2001 sind es an ETHs und Unis 60% weniger, an Fachhochschulen fast 30%. Dies wird erst in einigen Jahren seine Wirkung zeigen. Die IT-Pioniergeneration wird dann mit all den wertvollen Erfahrungen in der verdienten Pension sein und durch die fehlenden Studienabgänger wird wohl der Mangel an Informatikern noch gravierende Auswirkungen haben.


Wie schon vor einigen Jahren werden dann junge Informatiker heiss umworben werden. Die Lohnspirale wird immer schneller drehen und die Fluktuation wird bedingt durch Abwerbung und "Rosinenpicken" wieder in ungeahnte Höhen steigen.


Nach all dem Jammern sollten nun aber Lösungen folgen. Genau dies hat ein Pionier der IT geboten. Carl August Zehner, Professor für Informatik an der ETH Zürich hat anlässlich der Medienkonferenz zur Lancierung des Informatikjahres 2008 einen hervorragenden Artikel geschrieben. Seine Lösungsansätze haben viel mit Öffentlichkeitsarbeit und Ausbildung zu tun. Und zwar nicht erst im Studium sondern schon in der Volks- und Mittelschule. So hätten beispielsweise die Gymnasien die Entwicklung in der Informatikausbildung ziemlich verschlafen. Die IT-Anwenderausbildung habe sich inzwischen in die Primar- und Sekundarschule oder ins Private verschoben, die Gymnasien böten bestenfalls freiwillige Kurse für Word, Excel oder ähnliches an. Ein echtes Fach Informatik fehle an den meisten Mittelschulen/Gymnasien nach wie vor. Dieser Missstand müsse schnell behoben werden.

Natürlich sind nicht nur die Schulen schuld, dies wäre wohl ein bisschen zu einfach. Wer die hervorragende Analyse und die Vorschläge von Prof. Zehnder lesen möchte, kann hier mehr finden:


http://www.informatica08.ch/presse/MM_Die%20dramatische%20Erosion%20der%20Informatikausbildung%20in%20der


Auf www.informatica08.ch ist übrigens noch mehr zum Jahr der Informatik zu finden.
Die Auswirkungen des Informatikermangels hat Professor Zehnder in seiner Zusammenfassung am Schluss seines Artikels beschrieben (Originalzitat):
" 6. Zusammenfassung
Der Fachbereich Informatik ist heute in der Schweiz ein grosser, aber kaum als solcher wahrgenommener Wirtschaftssektor, der jedoch eine zentrale Infrastruktur für fast alle anderen
wirtschaftlichen Tätigkeiten im sekundären und im tertiären Sektor unseres Landes bildet.
Dieser junge Fachbereich hat sich erst in den letzten Jahrzehnten zu dieser Bedeutung entwickelt.
Daher sind Missverständnisse in der öffentlichen Wahrnehmung und Defizite in Teilbereichen,
namentlich in der Ausbildung, verständlich.
Diese Missverständnisse und Defizite will das "Jahr der Informatik 2008" ausräumen helfen.
Gleichzeitig sollen die Stellung der Informatik im schweizerischen Schul- und Bildungswesen
verstärkt und der Nachwuchs für Informatikberufe gefördert werden, namentlich auch bei
jungen Frauen. All diese Massnahmen fördern direkt und indirekt die Stellung der Schweiz in
der Spitzengruppe der Industrieländer auf dem weiteren Weg zur Informationsgesellschaft.
Die Schweiz hat dabei eine gute Ausgangslage und setzt schon heute jedes Jahr zweistellige
Milliardensummen für Informatikleistungen ein. Diese gute Position im globalen Wettbewerb
ist aber gefährdet, wenn es uns nicht gelingt, in unseren Schulen das Fach Informatik besser
zu verankern und vermehrt gute junge Leute für Informatikberufe zu gewinnen. Dazu sind
nicht neue Staatsbeiträge nötig, sondern eine Fokussierung, Priorisierung und nachhaltige
Umsetzung der gemeinsamen Anstrengungen in Richtung Zukunft."

Dem gibt es nicht mehr hinzuzufügen!
Gruss
Gabriel Bosson

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